Zum Aufbau einer nachhaltigen HPC-Infrastruktur

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Dr. Ulrike Kugler vom Green-IT-Programm des Umweltministeriums Baden-Württemberg, beim Energieeffizienz-Workshop 2018.

Auf einem zweitägigen Treffen am HLRS diskutieren IT- und Infrastruktur-Experten, wie die Planung von Rechenzentren den wachsenden Anforderungen an Höchstleistungsrechnen auf umweltfreundliche Weise gerecht werden kann.

Mit dem Ziel, immer schnellere und leistungsfähigere Supercomputer zu erhalten, entwickeln sich die Technologien für das High-Performance Computing (HPC) rasant weiter. Obwohl dieses Wachstum gut für Wissenschaft und Technologie ist, führt es auch zu höheren Anforderungen an die Infrastruktur von Rechenzentren: Räume, in denen größere Maschinen untergebracht werden können. Kühlsysteme, die mit der erhöhten Wärmeproduktion umgehen können. Und die Energieversorgung, um alles in Gang zu halten. 

Wie kann dieser zunehmende Bedarf an Ressourcen nachhaltig verwaltet werden? Neben der Optimierung der Höchstleistungsrechner selbst müssen Rechenzentren künftig mit innovativer Infrastruktur ausgestattet werden, die sich an die Verfügbarkeit neuer Computer- und Kühlungstechnologien anpassen und bedarfsgerecht weiterentwickeln kann.

Am 23. und 24. Oktober 2018 trafen sich IT-Spezialisten und Experten für Forschungsinfrastruktur aus der deutschsprachigen HPC-Community am Höchstleistungsrechenzentrum Stuttgart (HLRS), um ganzheitliche Strategien zur Bewältigung dieser Herausforderungen zu diskutieren. Die Veranstaltung – das zweite vom HLRS organisierte Jahrestreffen zum Thema Nachhaltigkeit in Rechenzentren – zeigte eine breite Palette von Ideen für eine nachhaltige Computerarchitektur auf und hob gleichzeitig einige wichtige Herausforderungen und Probleme hervor, die angesprochen werden sollten.

Beim Bauen über den Tellerrand blicken

Markus Raschka vom Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg stellte die Herausforderung der deutschen Hochschulen und der akademischen Rechenzentren in Bezug zu den ehrgeizigen Zielen der Energiewende in Deutschland. Der Staat habe zwar Fortschritte bei der Verbesserung seines ökologischen Fußabdrucks erzielt, berichtete Raschka. Der Umfang des Energieverbrauchs für die Datenverarbeitung in Universitäten und anderen öffentlichen Ämtern deutet jedoch darauf hin, dass noch mehr Boden gut gemacht werden muss.

Dr. Ulrike Kugler, Leiterin des Green-IT-Programms des Umweltministeriums Baden-Württemberg, erklärte, dass das Land eine Strategie zur Förderung grüner IT-Infrastruktur umgesetzt hat. In ihrem Vortrag skizzierte sie ihre Ziele sowie die Beratungsdienste und Finanzierungsmöglichkeiten für Rechenzentren, die ihre Umweltbelastung reduzieren wollen.

Barbara Schneider vom Staatlichen Bauamt München 2 – zuständig für den akademischen Hochbau in Bayern – hat eng mit dem Leibniz-Supercomputing-Center zusammengearbeitet, das durch das Gauss-Center for Supercomputing (GCS) mit dem HLRS verbunden ist. Sie erklärte, jedes Rechenzentrum wolle bei der Eröffnung die neueste Technologie installieren lassen. Allerdings kann die Errichtung einer Ziegel- und Mörtelkonstruktion 5-7 Jahre dauern, sodass die besten Technologien häufig erst nach Projektbeginn verfügbar sind. Doch verändern sich die Anforderungen, lassen sich diese nur schwer in einen laufenden, komplexen Entwurfs- und Erstellungsprozess integrieren. Schneider betonte, dass Kommunikation eine wichtige Grundlage für solche Bemühungen ist, und plädierte dafür, dass alle Anforderungen an ein Rechenzentrum früh im Entwurfsprozess formuliert werden – einschließlich derer, die sich erst ergeben könnten, wenn neue Technologien oder Bedürfnisse auftauchen. Schließlich setzte sie sich für einen neuen Ansatz zur Finanzierung von Supercomputer-Zentren ein, der nicht nur den Kauf eines Computers umfasst, sondern die Realisierung eines gesamten Rechenzentrumskonzepts.

Thomas Weyrich von der HPC-Beratungsfirma Akquinet unterstrich Schneiders Bemerkungen. Er weist auf die Einzigartigkeit jedes Bauprojektes von Rechenzentren hin und dass keine Richtlinie alle möglichen Szenarien berücksichtigen kann. Dabei betrachtet er HPC-Zentren als die Formel-1-Rennwagen unter den Rechenzentren, die immer auf dem neuesten Stand der Computertechnologie sind. Dies stellt jedoch besondere Herausforderungen an die Planung, denn: "wann immer man denkt, eine technische Grenze erreicht zu haben, entdeckt man etwas schnelleres und Effizienteres."

Fallstudien zu mehr Nachhaltigkeit

Ein weiterer Bestandteil des Workshops waren Gespräche mit Vertretern von Hoch- und Höchstleistungsrechenzentren in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Vortragenden sprachen über ihre Erfahrungen und Erfolge bei der Verbesserung der Nachhaltigkeit ihrer Rechenzentren.

Zu den während der Vorträge diskutierten Techniken gehörte der verstärkte Einsatz von Sensoren zur Überwachung und Optimierung des Betriebs von Hoch- und Höchstleistungsrechenzentren. Rolf Bogus von der Universität Heidelberg berichtete jedoch, dass die Zusammenführung von Sensordaten aus den unterschiedlichsten Quellen der Gebäude- und IT-Systeme nach wie vor eine große Herausforderung darstellt.

Ernst Haunschmid von der Universität Wien erklärte den Einsatz von Tauchkühltechniken in seinem Zentrum. Hier werden die Computer in weißes Mineralöl getaucht, das Wärme von Rechenknoten effizient aufnehmen und ableiten kann.

Tom Fieseler vom Jülich Supercomputing Center erklärte, dass es immer schwieriger wird, moderne Supercomputer, deren Größe und Leistungsfähigkeit gewachsen ist, in vor Jahrzehnten gebauten Gebäuden unterzubringen. Jülich hat kürzlich das Konzept des modularen Supercomputers eingeführt, doch laut Fiesler stößt dies an die Infrastrukturgrenzen des Zentrums und macht ein neues Gebäude erforderlich. Eine positive Nachricht ist die Steigerung der Kühleffizienz durch den Einsatz moderner Technologien (direkte Flüssigkeitskühlung, freie Kühlung) und die damit einhergehende Senkung der Kühlkosten und der Umweltbelastung des Zentrums.

Michael Ott beschrieb im Leibniz-Hochleistungsrechenzentrum in Garching einen vierstufigen Ansatz der ganzheitlichen Optimierungsstrategie. Er erklärte die Einführung eines Adsorptionskühlsystems zur Wiederverwendung von Wärme aus der Kühlung des Supercomputers und erläuterte die Vor- und Nachteile dieses innovativen Konzepts.

Ladina Gilly beschrieb ein innovatives Nachhaltigkeitskonzept, das am Swiss National Computing Centre zum Einsatz. Wasser aus dem nahe gelegenen Luganer See wird bergaufwärts gepumpt, um sein Computersystem zu kühlen. Sobald das Wasser durch Tunnel zurück in den See geleitet wird, strömt es auch durch Turbinen, die Strom für das Rechenzentrum und für nahegelegene Unternehmen erzeugen. Darüber hinaus wurde das Gebäude mit zusätzlicher Fläche errichtet, der die Expansion des Zentrums ermöglicht, ohne eine neue Einrichtung zu bauen. In Anbetracht der Komplexität des Projektes stellte Gilly fest, dass nachhaltiges Bauen von Supercomputing-Zentren nur möglich ist, wenn sich IT-Experten, Architekten und Planer, lokale Regierungsbehörden und Geldgeber von Beginn an mit dem Thema befassen.

Wie kann die HPC-Community angesichts all dieser Ideen zur Verbesserung von Rechenzentren ergründen, dass sie objektiv nachhaltiger wird? Wie Brigitte-Maria Lorenz und Marcel Brodbeck von HLRS erklärten, bieten Zertifizierungsprogramme wie EMAS und der Blaue Engel einen nützlichen Weg, um systematisch Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele zu identifizieren. Sie stellten die Schritte vor, die das HLRS zur Erlangung der EMAS-Zertifizierung unternimmt.

Im abschließenden Vortrag des Workshops beschrieb Frank Neubauer das Konzept der CARMAO GmbH, das Einflussfaktoren auf Nachhaltigkeit während der gesamten Lebensdauer eines Hoch- und Höchstleistungsrechenzentrums berücksichtigt – von der Herstellung des Systems über dessen Auslieferung, Nutzung und Abbau. Sein Team wird den Rahmenplan in naher Zukunft gemeinsam mit Rechenzentren formal testen.

— Christopher Williams (translation: Lena Bühler)