Energieeinsparung in Rechenzentren durch effizientere Kühlung

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Das Forschungsprojekt DEGREE sucht nach optimalem Mix aus freier und aktiver Kühlung.

Stuttgart, Germany – November 8, 2021 – Next to computer systems themselves, cooling systems account for the second largest consumer of electrical power in data centers. In a new project called DEGREE, initiated by the University of Stuttgart's Institute for Building Energetics, Thermotechnology and Energy Storage (IGTE) and the High- Performance Computing Center Stuttgart (HLRS), researchers will test a new approach for operating cooling systems in computing centers that could reduce energy demand, CO2 emissions, and operating costs.

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„Rechenzentren sind für etwa drei Prozent des gesamten Energieverbrauchs in Deutschland verantwortlich, Tendenz steigend. In Anbetracht der erheblichen Kosten und Treibhausgasemissionen, die durch die Kühlung von Rechenzentren entstehen, werden innovative Kühltechnologien mindestens genauso wichtig sein wie Entwicklungen in der Informationstechnologie selbst“, sagte Dr. Henner Kerskes vom IGTE. „Gemeinsam mit dem HLRS haben wir uns zum Ziel gesetzt, innovative Methoden und Technologien zu entwickeln, die Rechenzentren nutzen können, um ihre Energieeffizienz zu verbessern.“

Im Rahmen des DEGREE-Projekts soll ein neuer, am IGTE entwickelter Ansatz getestet werden, um die Mischung aus energieeffizienter freier Kühlung und energieintensiver aktiver Kühlung, die zur Aufrechterhaltung einer akzeptablen Betriebstemperatur benötigt wird, kontinuierlich zu regeln. Ziel ist es, den energieeffizientesten Kühlungsmix zu erreichen und gleichzeitig das Verhältnis zwischen der Temperatur des Kühlkreislaufs und der bestmöglichen Leistung des Rechensystems zu optimieren. DEGREE wird mit einer Laufzeit von zwei Jahren von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert.

Ausgewogenes Verhältnis zwischen Energieefiizienz und Rechenleistung

Die energieeffizienteste Methode zur Temperaturregelung in Rechenzentren ist die freie Kühlung. Dabei wird die von den Computerservern erzeugte Abwärme über Kühltürme direkt an die Atmosphäre abgegeben, ohne den Betrieb energieintensiver Kompressions- oder Adsorptionskältemaschinen zu benötigen. Dies funktioniert jedoch nur, wenn die Temperatur der von den Servern abgegebenen Wärme höher ist als die Außentemperatur. In Regionen mit ausgeprägten Temperaturschwankungen wie Mitteleuropa kann die Wirtschaftlichkeit der freien Kühlung daher stark variieren.

Um die Nutzung der freien Kühlung zu erhöhen, werden Serversysteme aktuell häufig bei höheren Temperaturen betrieben. Dies hat allerdings seinen Preis: Der Dauerbetrieb von Serversystemen bei höheren Betriebstemperaturen bringt einen höheren Stromverbrauch bei Komponenten wie Halbleiterchips mit sich und kann deren Lebensdauer verkürzen. Jüngste Experimente in anderen Rechenzentren haben zudem gezeigt, dass ein differenzierterer Ansatz bei der Nutzung der freien Kühlung bessere Energie- und Leistungsgewinne erzielen könnte.

Im DEGREE-Projekt haben sich IGTE und HLRS an der Universität Stuttgart daher einen dynamischen Ansatz zum Ziel gesetzt: Die Kühltemperatur soll zu keinem Zeitpunkt höher sein, als für die freie Kühlung unbedingt nötig ist. Die Forschenden werden ein numerisches Modell des Supercomputers Hawk und der Kühlanlagen des HLRS entwickeln, das die Temperaturabhängigkeit aller Systemkomponenten sowie die Auswirkungen von Temperaturschwankungen auf die Systemleistung berücksichtigt. Das Modell wird dann mit realen Leitungs- und Betriebsdaten validiert. Ziel ist es, die Auswirkungen einer dynamischen Regelung der Kühlkreislauftemperatur auf den Energieverbrauch, die Leistung und Zuverlässigkeit der IT-Komponenten sowie auf die Betriebskosten und CO2-Emissionen zu verstehen. Das Team wird daraus Betriebsstrategien zur dynamischen Maximierung der freien Kühlung während des Hawk-Betriebs entwickeln und testen. „Die Idee, die Nutzung der freien Kühlung in Rechenzentren kontinuierlich zu optimieren, ist ein neuer Ansatz, der bisher noch nicht erprobt wurde“, sagt HLRS-Direktor Prof. Michael Resch. „Wir freuen uns darauf, diesen innovativen Versuch gemeinsam mit unseren Partnern am IGTE zu wagen und hoffen, dass er auch anderen Rechenzentren dazu verhelfen kann, die Energieeffizienz des eigenen Betriebs zu verbessern.“

Wissenstransfer in kommerzielle Rechenzentren

Damit die Projektergebnisse auf andere, auch kommerzielle Rechenzentren übertragbar sind, tragen die industriellen Projektpartner, das Planungsbüro für Rechenzentren, ICT Facilities, und das Ingenieurbüro für Energie- und Gebäudetechnik, T.P.I. Trippe und Partner mit ihrer Fachkompetenz zum Projekt DEGREE bei. Der Verband der Informations- und Telekommunikationsbranche Bitkom unterstützt das Projekt ideell. Als Projektabschluss wird das DEGREE-Team einen Leitfaden erstellen, den Rechenzentrumsbetreiber nutzen können, um die dynamische Kühlungsregelung in ihren eigenen Rechenzentren zu testen und aufzunehmen. Die Integratiion dieser Ansätze soll dazu beitragen, den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen, die durch die Kühlung von Rechenzentren entstehen, in ganz Deutschland zu senken.

Fachliche Kontakte

Prof.-Dr. Michael Resch

Höchstleistungsrechenzentrum Stuttgart
+49 711 685-87200
michael.resch(at)hlrs.de

Dr. Henner Kerskes

Universität Stuttgart, Institut für Gebäudeenergetik ,Thermotechnik und Energiespeicherung
+49 711 685-63534
henner.kerskes(at)igte.uni-stuttgart.de

Über das Höchstleistungsrechenzentrum Stuttgart

Das Höchstleistungsrechenzentrum der Universität Stuttgart (HLRS) wurde 1996 als erstes Bundeshöchstleistungsrechenzentrum Deutschlands gegründet. Als Einrichtung der Universität Stuttgart und Mitglied des Gauss Centre for Supercomputing stellt das HLRS seine Rechenkapazitäten Nutzern aus Wissenschaft und Industrie zur Verfügung. Das HLRS betreibt modernste Höchstleistungsrechensysteme und -technologien, bietet erstklassige Weiterbildung in den Bereichen Programmierung und Simulation und forscht an wegweisenden Fragestellungen und Technologien rund um die Zukunft des Höchstleistungsrechnens (HPC). Die HLRS-Expertise umfasst unter anderem die Bereiche parallele Programmierung, numerische Methoden für HPC, Visualisierung, Grid und Cloud Computing, Datenanalytik sowie künstliche Intelligenz. Die Nutzer seiner Systeme forschen auf ganz unterschiedlichen Forschungsgebieten mit dem Schwerpunkt auf Ingenieurwissenschaften und angewandte Wissenschaften.